Begegnungen mit dem „Fremden“ - Wahrnehmungsdiskurse im zeitgenössischen Musiktheater
Hauptsächlicher Artikelinhalt
Abstract
Haben zeitgenössische Komponisten wie Mauricio Kagel, Luigi Nono oder Manos Tsangaris traditionelle Hörerwartungen aufgebrochen, räumliche Setzungen (wie die Teilung in Bühne- und Zuschauerraum) hinterfragt oder mit der theatralen Wirkung von Klängen experimentiert, so spiegeln sich seit etwa dreißig Jahren derartige Auseinandersetzungen mit musiktheatralen Erzählweisen auch im zeitgenössischen Musiktheater für junges Publikum wider. Nachdem das Kinder- und Jugendmusiktheater entweder als eigene Sparte (unter anderem Kinderoper Köln, Junge Oper Stuttgart), als integrierte Sparte (Komische Oper Berlin, Mainz, Freiburg) oder auch in freieren Produktionszusammenhängen angekommen ist, hat sich ein kontinuierlicher Diskurs über die Ziele, Ästhetiken, Strukturen und Produktionsweisen entwickelt, der sowohl die Theatermacher, als auch Komponisten, Librettisten und Musiker immer wieder zur kritischen Reflexion herausfordert. Musiktheater für junges Publikum erweist sich dabei nicht allein als ein Experimentierfeld für musikdramatische Erzählformen, die zum einen dem „Instrumentalen Theater“ nahestehen, zum anderen eine Auseinandersetzung mit anderen musikalischen Stilrichtungen (Jazz oder Popmusik) und mit der Geräuschhaftigkeit von Musik beziehunsgweise Ansätze performativen (Musik-)Theaters erkennen lassen. Der Beitrag stellt an ausgewählten Beispielen die Erzählstrategien im zeitgenössischen Musiktheater für junges Publikum vor und vertieft dabei vor allem die Frage, wie durch das intermediale Zusammenspiel von Sprache, Gesang, Klang, Raum und Licht die performative Sinneserfahrung junger Zuschauer in den Mittelpunkt gerückt wird, um auf diese Weise die Begegnung mit einer Kunstform zu ebnen, die in ihrer thematischen, gattungsspezifischen, ästhetischen und ritualisierten Form jungen, theaterunerfahrenen Zuschauern nicht so leicht zugänglich ist.